Familie Kayser / Tabak-Abteilung - ca. 1912
Wissenswertes über ehemalige Allstedter Unternehmen
Heute im Fokus: Die Firma Otto K a y s e r
Unsere kleine Stadt Allstedt als Hauptort eines ehemals nordthüringischen Amtsgerichtsbezirkes hatte seit der zunehmenden Industrialisierung um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine gut funktionierende Infrastruktur entwickelt, deren weiterer Ausbau jedoch durch die Folgen des zweiten Weltkrieges gehemmt wurde.
Neben metallverarbeitendem Gewerbe erlangte vor allem die Produktion von Zucker und Malz Bedeutung. Darüber hinaus existierten zahlreiche Geschäfte und mittelständische Unternehmen der verschiedensten Branchen.
Anliegen des Heimatvereins Allstedt ist es u.a., Wissenswertes über ehemalige Allstedter Firmen und Geschäfte zusammen zu tragen und in Wort und Bild zu dokumentieren. Unser Dank gilt allen, die Dokumente, Fotos und sonstige Gegenstände für diesen Zweck zur Verfügung stellen.
Die historischen Vorlagen für diese kleine Ausstellung wurden dem Heimatverein von
Herrn Jens-Peter Müller - einem Enkel Otto Kaysers - zur Verfügung gestellt, der im Rahmen von Treffen der Familie Kayser bereits mehrfach in Allstedt weilte.
Otto K a y s e r (1890 – 1953) ist alten Allstedtern als vielseitig agierender Kaufmann in Erinnerung, der sein Hauptgeschäft in der Breiten Straße, Ecke Gerstenstraße, 1913 vom Kaufmann Louis Mauff übernommen hatte.
Nach zweckdienlichen Umbauten und Modernisierung des Geschäftes erweiterte Otto Kayser sein Warensortiment in den folgenden Jahrzehnten immer weiter und richtete Filialen u.a. in Roßleben, Artern und Laucha ein.
Alte Firmenbriefköpfe und Werbeanzeigen spiegeln Angebotsvielfalt und Geschäftsfelder des Kayserschen Unternehmens wider:
Groß- und Einzelhandel Lebensmittel - Feinkost, Kolonialwaren-,Tabakwaren- und Weingroßhandlung, Liköre und Spirituosen eigener Herstellung und bekannter Spezialfirmen sowie Getreide-, Saaten-, Kohlen- und Futtermittelhandel.
Die ausgestellten Fotos von Verkaufs- und Lagerräumen geben Einblick in die gut organisierte Warenpräsentation und Lagerhaltung bei Otto Kayser, der mit seinem Unternehmen zu den renommiertesten seiner Art in Allstedt und Umgebung gehörte.
Kaum bekannt sein dürfte indes das umfangreiche Engagement Otto Kaysers in berufsständischen und sonstigen Gremien.
So war er u.a. Präsident der Börse zu Erfurt, Vizepräsident der Industrie-und Handelskammer Weimar, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Thüringen- Weimar, Mitglied des Deutschen Industrie-und Handelstages Berlin, Vorsitzender des Aufsichtsrates verschiedener Industrie-und Handelsbetriebe sowie Mitglied des Landtages von Thüringen.
Zudem war er Mitglied in verschiedenen elitären Clubs und Vereinigungen wie dem Deutschen Herrenclub Berlin, der Schlossgemeinde zu Allstedt (einem gehobenen Kulturverein) und Johannismeister der Großloge z.d. Drei Weltkugeln.
Den Nationalsozialisten stand Otto Kayser kritisch gegenüber.
Die Allstedter Ortsgruppe der NSDAP wollte 1933 verhindern, dass er in den Kreditausschuss des Verbandes der mitteldeutschen Industrie gewählt wird, wie Dokumente belegen. Die gegen das Hitler-Regime gerichtete Einstellung Kaysers bewog die amerikanische Militäradministration im April 1945, ihm die Bürgermeistergeschäfte in Allstedt zu übertragen. Der zusätzlichen Aufgabe widmete er sich in dieser schwierigen Zeit engagiert und uneigennützig. Doch schon im September 1945 wurde Otto Kayser unter jetzt sowjetischer Militärhoheit durch Bürgermeister Müller ersetzt.
In den Nachkriegsjahren expandierte die Otto Kayser GMBH Allstedt nochmals
und Niederlassungen in Weimar, Mansfeld, Sömmerda, Sondershausen und Heldrungen wurden aufgebaut und der Fuhrpark erweitert. Von allen Betrieben Otto Kaysers wurden in dieser Zeit mehr als 800 Städte und
kleinere Ortschaften beliefert.
Doch die Bedingungen für private Unternehmer wurden nun in der DDR immer schwieriger und auch die Otto Kayser GMBH musste sich den veränderten Bedingungen anpassen.
Im Februar 1953 verstarb Otto Kayser im Alter von 62 Jahren nach langer schwerer Krankheit. Unter großer Anteilnahme wurde er auf dem Friedhof in Allstedt beigesetzt.
Das Allstedter Geschäft wurde zum HO – Lebensmittelladen und die Kaysersche Likörfabrikation ging in die Konsum- Spirituosenfabrik Allstedt über.
Otto Kaysers Ehefrau Friedel verzog 1961 nach Nürnberg und verstarb 1973 in Nideggen.
Otto und Friedel Kayser hinterließen 4 Kinder, 13 Enkel und 9 Urenkel.